Die Unschuldsvermutung ist in Artikel 6 Abs. 2 EMRK verankert. Sie besagt, dass eine Person, der eine Straftat zur Last gelegt wird, weder durch eine juristische Entscheidung noch durch eine Stellungnahme einer Behörde als schuldig behandelt werden darf, bis die Schuld nach dem gesetzlichen Verfahren bewiesen worden ist.
Das bedeutet beispielsweise, dass die Aussetzung einer Strafe zur Bewährung nicht wegen einer neuen Tat widerrufen werden kann, bis eine Verurteilung wegen dieser neuen Tat erfolgt ist. Auch dürfen weder ein Gericht noch eine andere öffentliche Stelle eine Person als schuldig bezeichnen, solange die Schuld nicht in den gesetzlich vorgesehen Verfahren nachgewiesen ist. Hier kommt es oft auf den Wortlaut an. Behörden dürfen über einen Verdacht gegen eine Person informieren, jedoch nicht die Schuld der Person als Tatsache hinstellen. Auch dürfen Gerichte nicht bei einem Freispruch durch die Urteilsgründe zu erkennen geben, dass der Beschuldigte eine Straftat begangen hat (ein Beispiel hierfür bietet der Fall Cleve gegen Deutschland)