In der EMRK gibt es zwei Arten von Rechten: Einige gelten ausnahmslos und können nicht beschränkt werden. Beispiele für solche Rechte sind das Folterverbot nach Artikel 3 EMRK, das Verbot von Sklaverei und Zwangsarbeit nach Artikel 4 EMRK oder das strafrechtliche Rückwirkungsverbot nach Artikel 7 EMRK.
Andere Rechte können unter bestimmten Voraussetzungen beschränkt werden. Hierzu zählen etwa das Recht auf Privatleben nach Artikel 8 EMRK, die Gewissensfreiheit nach Artikel 9 EMRK, die Äußerungsfreiheit nach Artikel 10 EMRK oder das Recht auf Eigentum nach Artikel 1 des 1. Zusatzprotokolls zur EMRK.
Die Bedingungen, unter denen diese Rechte eingeschränkt werden können, sind im Wesentlichen gleich. Die wichtigste Voraussetzung ist dabei immer, dass es für die Beschränkung des Grundrechtes eine gesetzliche Grundlage geben muss. Fehlt es an der gesetzlichen Grundlage, ist der Eingriff rechtswidrig – egal, wie notwendig und wohlbegründet er scheinen mag.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrecht interpretiert den Begriff des Gesetzes eher weit. Eine gesetzliche Grundlage können nicht nur Gesetze sein, die vom Parlament erlassen wurden. Auch Rechtsverordnungen oder kommunale Vorschriften können diesem Begriff unterfallen. In Ländern mit ‚common law‘ Rechtssystemen, in denen Urteile zur Entwicklung des Rechts beitragen, kann auch eine gefestigte Rechtsprechung genügen.
Allerdings ist es mit der bloßen Existenz einer gesetzlichen Grundlage nicht getan. Vielmehr verlangt der EGMR, dass diese Grundlage auch inhaltlich bestimmten Anforderungen genügt.
Dazu gehört zunächst, dass die gesetzliche Regelung zugänglich, also öffentlich einsehbar ist. Dieses Erfordernis hat in der Vergangenheit vor allem bei Entscheidungen zum Thema Telefonüberwachungen eine Rolle gespielt. Regierungen hatten argumentiert, es geben durchaus genaue Regelungen hierzu. Diese könnten aber nicht offengelegt werden, um Ermittlungen nicht zu gefährden und keine Möglichkeiten zur Umgehung zu schaffen.
Darüber hinaus muss die gesetzliche Grundlage hinreichend klar sein. Ein Bürger muss – notfalls mithilfe eines juristischen Beraters – erkennen können, in welchen Fällen ein bestimmtes Recht eingeschränkt werden kann. Die Voraussetzungen des Eingriffs in Grundrechte müssen also bestimmt und klar genug sein.
Schließlich muss die gesetzliche Grundlage im Einklang mit rechtsstaatlichen Prinzipien stehen.