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The Business of Human Rights

Rechtsanwalt Holger Hembach

Beschwerde beim EGMR - Individualbeschwerden

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Die Beschwerde beim EGMR

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1 Was ist eine Beschwerde beim EGMR?
2 Das Verfahren beim EGMR
2.1 Prüfung einer Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention
3 Video zur EMRK
3.1 Was ist der EGMR
3.2 Aufgabe des EGMR
4 Zulässigkeit einer Beschwerde beim EGMR
4.1 Opfereigenschaft
4.2 Erschöpfung innerstaatlicher Rechtsmittel
4.3 Frist
5 Wie läuft ein Verfahren beim EGMR ab?
5.1 Die Einlegung der Individualbeschwerde
5.2 Das Beschwerdeformular des EGMR
5.3 Das weitere Verfahren
6 Benötige ich für ein Verfahren beim EGMR einen Rechtsanwalt?
7 Kosten eines Verfahrens beim EGMR
8 Ergebnis eines Verfahrens beim EGMR
8.1 Feststellung einer Verletzung der EMRK
8.2 Entschädigung
8.3 Folgen für das Verfahren in Deutschland

Was ist eine Beschwerde beim EGMR?

Mit einer Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ( EGMR) können Bürger durch ein internationales Gericht prüfen lassen, ob ein bestimmter staatlicher Akt sie in grundlegenden Rechten verletzt, die ihnen nach der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) zustehen. Eine Individualbeschwerde beim EGMR bietet damit ein zusätzliches Rechtsmittel, wenn innerhalb eines Staates alle Instanzen ausgeschöpft sind.

Das Verfahren beim EGMR

Prüfung einer Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention

Im Verfahren über eine Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte geht es um die Frage, ob ein Staat die Europäische Menschenrechtskonvention verletzt hat.

Deutschland hat  die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) unterzeichnet. Diese enthält einen Katalog bestimmter fundamentaler Rechte und Freiheiten. Dazu gehören beispielsweise das Recht auf Leben, das Verbot von Sklaverei und Zwangsarbeit, die Versammlungsfreiheit oder das Recht auf ein faires Verfahren.  Staaten, die die EMRK unterzeichnen, verpflichten sich damit, diese Rechte für alle Personen in ihrer Hoheitsgewalt zu gewährleisten. Um sicherzustellen, dass Staaten ihren Verpflichtungen nach der EMRK auch gerecht werden, gibt es ein eigenes Gericht: den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

Video zur EMRK

Die EMRK kurz erklärt finden Sie hier:

Was ist der EGMR

Der EGMR ist ein internationales Gericht mit Sitz in Straßburg. Er ist ein Organ des Europarates, einer internationalen Organisation mit 47 Mitgliedsstaaten. Alle Staaten, die Mitglied im Europarate werden, müssen die EMRK unterzeichnen und sich damit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte unterwerfen. Sie räumen damit also Menschen in ihrer Hoheitsgewalt das Recht ein, eine Beschwerde beim EGMR gegen sie einzulegen.

Für jedes Mitgliedsland des Europarates wird beim EGMR ein Richter ernannt. Es sind dort also 47 Richter tätig. Die Richter sind allerdings dort nicht als Vertreter des Landes, aus dem sie kommen. Das heißt, sie müssen und dürfen nicht die Landesinteressen wahrnehmen und unterliegen keinen Weisungen aus dem Land, aus dem sie kommen. Vielmehr urteilen sie unabhängig und sind nur an das Gesetz gebunden. Die Mitgliedsstaaten des Europarates können die Richter auch nicht einfach selbst ernennen. Jedes Land legt dem Europarat eine Liste von drei Kandidaten vor. Aus dieser Liste wählt dann die parlamentarische Versammlung des Europarates einen Kandidaten aus.

Richter beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte müssen hohes sittliches Ansehen genießen und entweder die Voraussetzungen für das Richteramt mitbringen oder Rechtsgelehrte von anerkanntem Ruf sein. Sie werden für eine Amtszeit von neun Jahren gewählt. Eine erneute Wahl oder Ernennung ist danach nicht mehr möglich.

Ein wichtiges Organ des Gerichtshofs ist die Kanzlei (“registry”). Dort arbeiten zahlreiche Juristen aus Vertragsstaaten der EMRK. Sie bereiten die Entscheidungen der Richter vor und führen juristische Recherchen durch. Unter anderem soll das gewährleisten, dass die Richter das Verfahren, das in die Beschwerde beim EGMR gemündet ist, genau verstehen. Darüber hinaus ist die Kanzlei zuständig für die organisatorischen Abläufe im Gerichtshof. 

Aufgabe des EGMR

Wer glaubt, dass er in Rechten verletzt ist, die ihm nach der EMRK zustehen,  kann eine Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte einreichen. (Allerdings müssen dazu bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein; siehe unten). Sie richtet sich gegen den Staat, der für die Rechtsverletzung verantwortlich. Dieses Verfahren bezeichnet man auch als Menschenrechtsbeschwerde.

Beschwerde beim EGMR
Beschwerde beim EGMR

Der Gerichtshof prüft dann, ob tatsächlich eine Verletzung von Rechten stattgefunden hat, die in der EMRK verankert sind – und nur das. Der EGMR führt keine vollständige juristische Prüfung der Urteile nationaler Gerichte durch. Er beschäftigt sich nicht mit der Frage, ob die deutschen Gerichte in ihren Urteilen Vorschriften des deutschen Rechts richtig angewandt haben (oder die Gerichte anderer Vertragsstaaten der EMRK ihre jeweiligen nationalen Gesetze). Der Gerichtshof prüft auch nicht die Tatsachenfeststellungen durch nationale Gerichte. Es hat also keinen Sinn, eine Beschwerde beim EGMR einzunehmen mit der Begründung, die Gerichte hätten einen Zeugen geglaubt, dieser hätte aber tatsächlich gelogen oder eine Urkunde, auf die ein deutsches Gericht seine Feststellungen gestützt habe, sei gefälscht gewesen.

Mit diesen Fragen beschäftigt sich der Gerichtshof nicht. Er prüft den Fall nur im Hinblick darauf, ob er eine Verletzung eines Artikels der EMRK feststellen kann. Das liegt an der Aufgabe des Gerichtshofs: nach Art. 19 EMRK besteht diese darin, die Einhaltung der Verpflichtungen sicherzustellen, die die Vertragsstaaten nach der EMRK ihren Zusatzprotokollen genommen haben. Daraus ergibt sich, dass der EGMR sich im nur mit der Einhaltung der EMRK und der Zusatzprotokollen befasst, nicht aber mit der richtigen Anwendung nationalen Rechts.

Eine Beschwerde beim EGMR hat daher nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn  man eine Vorschrift der Konvention findet, die möglicherweise verletzt sein könnte.

Zulässigkeit einer Beschwerde beim EGMR

Wie erwähnt, ist eine Beschwerde beim EGMR nur zulässig, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Diese Voraussetzungen sind in den Artikeln 34 und 35 EMRK niedergelegt. Die wichtigsten sind:

Opfereigenschaft

Eine Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte kann nur einlegen, wer selbst direkt durch eine staatliche Maßnahme betroffen ist. Es reicht also nicht aus, man glaubt, dass ein Gesetz oder eine Handlung eines Staates gegen die EMRK verstößt. Vielmehr muss man selbst betroffen sein, die Maßnahme gewissermaßen am eigenen Leib spüren.

Erschöpfung innerstaatlicher Rechtsmittel

Bevor man eine Beschwerde beim EGMR einreichen kann, muss man alle innerstaatlichen Rechtsmittel ausgeschöpft haben. Das bedeutet,  dass man den Fall zunächst vor ein Gericht bringen und den gesamten Instanzenzug durchlaufen muss. In aller Regel muss man wenn es um Verfahren in Deutschland geht, auch eine Verfassungsbeschwerde einreichen. Erst wenn alle innerstaatlichen Rechtsmittel erfolglos geblieben,, ist der Weg zum EGMR frei.

Das Erfordernis der Erschöpfung innerstaatlicher Rechtsmittel hat darüber hinaus noch einen weiteren Aspekt: Wer beabsichtigt, eine Beschwerde beim EGMR einzulegen, muss den rechtlichen Gesichtspunkt, auf den er seine Beschwerde gestützt, auch bereits vor nationalen Gerichten geltend machen.  Man kann also  beispielsweise nicht auf innerstaatlicher Ebene ausschließlich Rügen, dass man in seiner Meinungsfreiheit verletzt sei, und dann vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte plötzlich geltend machen, im Übrigen liege eine Verletzung des Rechts auf Eigentum vor.

Der Grund für dieses Erfordernis liegt im Prinzip der Subsidiarität. Der EGMR soll dann eingreifen, wenn Staaten ihren Verpflichtungen nach der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht gerecht werden. Der EGMR handelt also dann,  wenn der Staat versagt hat. Bevor der Gerichtshof aktiv wird,  muss der Staat zunächst die Möglichkeit bekommen, Fehler selbst zu korrigieren. Das kann er nur, wenn der Betroffene den staatlichen Instanzenzug durchläuft und dabei auch auf den Fehler hinweist.

Frist

Die Beschwerde beim EGMR muss innerhalb einer bestimmten Frist eingereicht werden. Bis zum 1.8.2021 beträgt diese Frist sechs Monate. Ab dem 1.8.2021 gilt eine neue, kürzere Frist von vier Monaten.

Die neue Frist wird eingeführt, um den Gerichtshof zu entlasten.

Um die Frist zu kürzen, muss der Wortlaut der EMRK geändert werden. Solche Änderungen geschehen in Form eines Zusatzprotokolls zur EMRK – in diesem Fall das 15. Zusatzprotokoll. Zusatzprotokolle treten in Kraft, wenn alle Vertragsstaaten der EMRK sie ratifizieren. Die letzte erforderliche Ratifikation ist im April 2021 erfolgt; das 15. Zusatzprotokoll enthält eine Übergangsregelung. Diese sieht vor, dass die Änderung am 1.8.2021 wirksam wird.

Wie läuft ein Verfahren beim EGMR ab?

Die Einlegung der Individualbeschwerde

Die Eckpunkte des Verfahrens beim EGMR sind in der Europäischen Menschenrechtskonvention geregelt. Einzelheiten stehen in der Verfahrensordnung des Gerichtshofs. Die Verfahrensordnung wird von den Richtern des EGMR selbst beschlossen und regelmäßig aktualisiert, um neuen Entwicklungen Rechnung zu tragen. Zunächst scheint es ungewöhnlich, dass die Richter selbst über die Regeln des Verfahrens entscheiden, an die sie dann gebunden sind. Bei internationalen Gerichten ist das aber eine übliche Vorgehensweise.

Das Verfahren beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte kommt durch die Einreichung einer Beschwerde in Gang. Die Individualbeschwerde muss alle Informationen enthalten, die der EGMR benötigt um zu prüfen, ob die EMRK verletzt worden ist. Dazu gehört eine Schilderung des Sachverhaltes, die aus sich selbst heraus verständlich ist. Der Gerichtshofs muss also ohne weitere Unterlagen nachvollziehen können, welche Umstände zu der Beschwerde geführt haben. Im weiteren Verfahren ist es möglich, einzelne Punkte zu ergänzen und weiter auszuführen. Man kann die Beschwerde aber nicht auf Umstände stützen, die nicht in der ursprünglichen Schilderung des Sachverhaltes enthalten sind.

Darüber hinaus muss die Individualbeschwerde eine kurze rechtliche Würdigung enthalten. Ihr müssen auch alle Unterlagen beigefügt sein, die der EGMR zur Prüfung benötigt. Es ist also nicht möglich, die Beschwerde zunächst einzureichen, um die Frist zu wahren, und dann die Unterlagen nachzureichen. Darüber hinaus sind noch einige weitere Angaben erforderlich.

Das Beschwerdeformular des EGMR

Um sicherzustellen, dass Beschwerdeführer bei Einreichung der Individualbeschwerde dem EGMR alle benötigten Informationen geben, stellt der EGMR ein Formular zur Verfügung. Die rechtliche Grundlage dafür ist Regel 47 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs. Das Beschwerdeformular kann man auf der Webseite des EGMR herunterladen. Seine Verwendung ist zwingend. Das heißt, dass der Gerichtshof eine Individualbeschwerde nicht bearbeitet, wenn sie nicht auf dem Formular eingereicht wird. (Es gibt Ausnahmen von dieser Regel, die aber sehr selten sind). Dem Formular muss der Beschwerdeführer Kopien aller Unterlagen beifügen, die der EGMR für seine Entscheidung benötigt. Das sind vor allem die Urteile, in der Angelegenheit ergangen sind.

Mehr darüber, wie man das Beschwerdeformular des EGMR findet und wie man es ausfüllt, gibt es in diesem Video

Das weitere Verfahren

Geht das Beschwerdeformular beim EGMR ein, prüft die Kanzlei des Gerichtshofs zunächst, ob es vollständig ausgefüllt und unterschrieben ist. Dann entscheidet der Gerichtshof, wer sich mit der Beschwerde befassen soll. Grundsätzlich kann ein Einzelrichter, ein Komitee aus drei Richtern oder Kammer aus sieben Richtern über einen Fall entscheiden.ein Einzelrichter entscheidet dann, wenn die Beschwerde ohne weitere Prüfung zurückgewiesen werden kann. Ein Einzelrichter kann die Beschwerde nicht für begründet erklären. Die einzige Entscheidung treffen kann,ist es, die Beschwerde zurückzuweisen.

Wenn der Gerichtshof der Auffassung ist, dass die Beschwerde einer weiteren Prüfung bedarf, wird sie einem Komitee oder einer Kammer zugewiesen. Im weiteren Verlauf des Verfahrens informiert dann der Gerichtshof den Staat, gegen den sich die Beschwerde richtet, dass eine Beschwerde eingegangen ist.  Der Staat hat dann die Gelegenheit, eine Stellungnahme abzugeben. Dazu kann sich wiederum der Beschwerdeführer äußern. Darüber hinaus können der Beschwerdeführer und der Staat versuchen, eine gütliche Einigung zu erzielen.

Kommt es nicht zu einer gütlichen Einigung, entscheidet der Gerichtshof den Fall. Unter bestimmten Voraussetzungen kann man gegen das Urteil des Gerichtshofs noch ein Rechtsmittel einlegen. Es entscheidet dann die sogenannte Große Kammer des EGMR.

Benötige ich für ein Verfahren beim EGMR einen Rechtsanwalt?

Für die Einlegung einer Beschwerde beim EGMR benötige ich rechtlich gesehen keinen Rechtsanwalt. Jeder Beschwerdeführer kann eine Beschwerde selbst einlegen; die Beschwerde wird nicht dadurch unzulässig, dass der Beschwerdeführer keinen Rechtsanwalt hat (hier liegt es also anders als etwas in Deutschland bei Verfahren vor den Landgerichten). Allerdings gilt dies nur für die Einlegung der Beschwerde. In einem späteren Stadium des Verfahrens, wenn der Staat, gegen den sich die Beschwerde richtet, von der Beschwerde informiert wird (siehe zum Ablauf oben), muss der Beschwerdeführer einen Rechtsanwalt beauftragen. Er wird darüber schriftlich informiert und hat dann Zeit, sich einen Anwalt zu suchen.

Ratsam ist es allerdings, schon mit der Abfassung der Beschwerde einen Rechtsanwalt zu beauftragen. Die formalen Anforderungen an eine Beschwerde sind hoch und die Rechtsprechung des Gerichtshofs umfangreich und weit verzweigt. In der Regel wird es nur Juristen gelingen, die wesentlichen Punke zu identifizieren und so zusammenzufassen, dass die Verletzung der EMRK deutlich wird.

Rechtsanwälte benötigen keine besondere Zulassung, um beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte tätig zu werden (anders als etwas beim Bundesgerichtshof in Zivilsachen). Auch Anforderungen bezüglich der Berufserfahrung o.ä. gibt es nicht. Rechtsanwälte müssen nicht in dem Land zugelassen sein, gegen das sich die Beschwerde richtet. Es kann also beispielsweise ein deutscher Anwalt einen Schweizer Staatsbürger gegen die Schweiz vertreten. 

Kosten eines Verfahrens beim EGMR

Beim EGMR fallen keine Gerichtskosten an. Ist eine Beschwerde erfolglos, ist der Beschwerdeführer nicht zur Erstattung von Kosten verpflichtet, die bei dem Staat, gegen den sich die Beschwerde richtet, angefallen sind – beispielsweise dadurch, dass der Staat sich durch einen Rechtsanwalt oder einen anderen Prozessvertreter hat vertreten lassen. Dadurch soll verhindert werden, dass Personen durch die Angst vor Kosten an der Geltendmachung ihrer Rechte gehindert werden.

Die Kosten eines Verfahrens beim EGMR entsprechen damit den Kosten, die dem Beschwerdeführer durch die Beauftragung eines Rechtsanwaltes entstehen. Ist die Beschwerde erfolgreich – stellt also der EGMR eine Verletzung der EMRK fest – beschließt der Gerichtshof in aller Regel, das der Staat dem Beschwerdeführer dessen Kosten erstatten muss. Der EGMR ordnet aber nur die Erstattung derjenigen Kosten an, die er als notwendig ansieht. Das sind nicht nur die Honorare, die das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz für die Vertretung beim EGMR vorsieht. Die Beträge können deutlich höher sein. Allerdings kann es auch passieren, dass der Gerichtshof ein Anwaltshonorar als überhöht ansieht und daher keine volle Erstattung der Kosten anordnet. 

Auch beim EGMR gibt es die Möglichkeit, Prozesskostenhilfe (“legal aid”) in Anspruch zu nehmen. Allerdings wird diese nicht für die Einreichung einer Beschwerde gewährt. Die Möglichkeit, Prozesskostenhilfe zu erhalten, gibt es vielmehr erst von dem Moment an, in dem die Regierung des Staates, gegen den sich die Beschwerde richtet, über die Beschwerde informiert wird. 

Ergebnis eines Verfahrens beim EGMR

Feststellung einer Verletzung der EMRK

Der EGMR prüft, ob tatsächlich eine Verletzung von Rechten vorliegt, die die EMRK garantiert. Wenn das nach der Auffassung  des Gerichtshofs der Fall ist, stellt er zunächst eine Verletzung fest. Diese Feststellung an sich hat zunächst keine direkten Konsequenzen. Vor allem kann der Gerichtshof Urteile nationaler Gerichte nicht aufheben oder abändern (siehe unten). Die Feststellung der Konvention Swidbert ist einerseits eine moralische Genugtuung für den Betroffenen. Die Verletzung seines Rechts ist durch das Urteil gewissermaßen offiziell. zum anderen ist die Feststellung eine Erinnerung für den Staat daran, seinen Pflichten nach der EMRK zu erfüllen.

Entschädigung

Darüber hinaus kann der EGMR dem Betroffenen eine Entschädigung zusprechen. Man unterscheidet hier zwischen dem Ersatz für materielle Schäden und der Entschädigung für immaterielle Schäden

Der Ersatz für materielle Schäden ist ein Ausgleich für finanziell messbare Einbußen, die der Betroffene erlitten hat. Der Gerichtshof kann einen solchen Schadensersatz beispielsweise zusprechen, wenn eine Enteignung gegen das Recht auf Eigentum verstoßen hat.

Bei der Entschädigung für immaterielle Schäden geht es dagegen eher um eine Wiedergutmachung für das Leid oder den psychologischen Schaden, den der Betroffene durch die Verletzung seiner Rechte erlitten hat. Es steht im Ermessen des Gerichtshofs, ob und in welcher Höhe er den Beschwerdeführers für immaterielle Schäden zuspricht. Häufig handelt sich um Beträge zwischen 2010 1000 € – wobei es Ausnahmen in beide Richtungen gibt.

Folgen für das Verfahren in Deutschland

Wie schon erwähnt, kann der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte Urteile nationaler Gerichte nicht abändern. Wenn ein Beschwerdeführer beispielsweise in einem Zivilprozess zur Zahlung von Schadensersatz und der Gerichtshof feststellt, dass in dem Prozess das Recht auf ein faires Verfahren verletzt wurde, kann er die Klage nicht abweisen.

Der EGMR kann Urteile deutscher Gerichte auch nicht aufheben und ein neues Verfahren anordnen. Stellt der Gerichtshof beispielsweise fest,  dass ein deutsches Gericht in einem Strafverfahren  das Recht auf ein faires Verfahren verletzt hat  (Beispiele für derartige Fälle finden sich hier und hier ),kann er das Urteil des deutschen Gerichts dennoch nicht aufheben oder einen neuen Prozess anordnen. Auch hier bleibt es dabei, dass der EGMR lediglich eine Verletzung der Konvention feststellen und gegebenenfalls Schadensersatz zusprechen kann.

Allerdings gibt es im deutschen Recht Vorschriften,nach denen Prozesse wieder aufgerollt werden können, wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der EMRK. Beispielsweise regelt für das Strafverfahren § 359 StPO Nr. 6: Die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil zugunsten des Verurteilten ist zulässig, wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht. 

Ähnliche Vorschriften gibt es beispielsweise auch in § 580 Nr. 8 ZPO oder in der Verwaltungsgerichtsordnung (hier in § 153, der auf die Zivilprozessordnung verweist)

Rechtsanwalt Holger Hembach