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The Business of Human Rights

Rechtsanwalt Holger Hembach

Beschwerde beim EGMR - Individualbeschwerden

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Wirtschaft und Menschenrechte

Afrikanische Menschenrechtskommission fordert Anvil Mining zu Schadensersatz wegen Unterstützung von Menschenrechtsverletzungen im Kongo auf

Holger Hembach · 14. Januar 2018 ·

Die Afrikanische Kommission für Menschen- und Völkerrechte hat das Unternehmen Anvil Mining aufgefordert, sich an den Zahlungen für Schadensersatz und Wiedergutmachung an die Opfer eines Massakers in der Demokratischen Republik Kongo zu beteiligen.

Die Anvil Mining ist ein Unternehmen, das in Australien und Kanada registriert ist. Es ist im Kongo im Bereich des Abbaus von Kupfer tätig. Im Jahre 2004 besetzte eine kleine Gruppe kurzfristig die Stadt Kilawa im Osten des Kongo. Die Gruppe hatte ca. 10 Mitglieder. Diese waren nur leicht bewaffnet und  gaben an, Mitglieder einer Rebellengruppe zu sein, deren Name bis dahin unbekannt gewesen war.  Anvil betrieb eine Kupfermine in der Nähe der Stadt Kilawa

Die kongolesische Armee (FARDC) griff die Stadt an, um die Kontrolle wiederzuerlangen. Dabei übte die 62. Brigade der Armee, die den Angriff durchführte, exzessive Gewalt aus. 73 Menschen verloren ihr Leben, über 20 davon durch außergerichtliche Exekutionen. Es kam zu Plünderungen und Freiheitsberaubungen.

Nach Aussagen von Augenzeugen wurden die Soldaten der kongolesischen Armee mit Fahrzeugen der Anvil Mining in das Gebiet gebracht. Das Unternehmen bestätigte das später, unter anderem im Rahmen einer Untersuchung des Vorfalls durch die UN Mission in der Demokratischen Republik Kongo (MONUC).

Die Zeugen berichteten auch, dass Fahrzeuge von Anvil Mining benutzt worden seien, um Leichen und geplünderte Güter abzutransportieren. Das Unternehmen bestritt dies.

Die Staatsanwaltschaft erhob Anklage gegen mehrere Personen wegen Verstößen gegen internationales Recht. Unter den Angeklagten waren neben Soldaten auch drei Mitarbeiter von Anvil Mining. Ein Militärgericht sprach die Mitarbeiter (sowie neun weitere Angeklagte) aber frei.

Angehörige von Opfern erstatteten Strafanzeige in Australien; die Ermittlungen wurden dort aber nach dem Freispruch im Kongo eingestellt.

Daraufhin unterstützte sie 2010 eine kanadische Menschenrechtsorganisation bei der Einreichung einer Klage in Kanada, wo Anvil Mining ebenfalls registriert ist. Der Kanadische Supreme Court entschied jedoch in letzter Instanz, dass kanadische Gerichte für den Fall nicht zuständig seien.

Ebenfalls im Jahr 2010 legten Angehörige der Opfer eine Beschwerde bei der Afrikanischen Menschenrechtskommission ein. Diese entschied schließlich im Dezember 2017, dass die Demokratische Republik Kongo ihre Pflicht verletzt habe, Menschenrechte angemessen zu schützen. Die Entscheidung setzte sich auch mit der Rolle der Anvil Mining auseinander (die Entscheidung ist noch nicht veröffentlicht; es gibt bislang nur Pressemitteilungen und Berichte von Nichtregierungsorganisationen, vor allem der Organisation „Rights and Accountability in Development“ (RAID), die Angehörige der Opfer unterstützt hat.

Die Afrikanische Menschenrechtskommission konnte keine Entscheidung treffen, die für das Unternehmen direkt Rechtswirkungen hat. Denn sie ist für die Einhaltung der Afrikanischen Menschenrechtscharta sowie anderer internationaler Verträge über Menschenrechte zuständig. Diese richten sich aber immer an Staaten. Nur gegenüber Staaten begründen sie Pflichten. Dementsprechend konnte die Kommission nur eine Entscheidung fällen, die gegenüber der Demokratischen Republik Kongo wirksam war. Sie verpflichtete den Kongo zum Schadensersatz.

Gleichzeitig macht sie aber deutlich, dass die Kommission von einer Mitverantwortung von Anvil Mining ausgeht. Daher wandte sie sich nun in einem Brief an das Unternehmen und forderte es auf, sich an den Zahlungen von Schadensersatz an die Angehörigen der Opfer zu beteiligen. Die Kommission hat angekündigt, über Reaktionen von Anvil sofort zu berichten.

Der Fall wirft in mehrerlei Hinsicht ein Schlaglicht auf Probleme des internationalen Schutzes der Menschenrechte.

Einerseits beleuchtet er einmal mehr die Rolle von Unternehmen. Häufig arbeiten Regierungen und Unternehmen bei Menschenrechtsverletzungen Hand in Hand. Es fehlen aber rechtliche Instrumente, um Unternehmen für ihre Rolle zur Verantwortung zu ziehen. Internationale Menschenrechte binden nach derzeitigem Verständnis zur Staaten. Daher haben internationale Gerichte keine Handhabe gegen Unternehmen. Die Gerichte in den Heimatländern der Unternehmen betrachten sich als nicht zuständig und die Gerichte der Länder, in denen die Verletzungen begangen wurden sind oft anfällig für Korruption und nicht wirklich unabhängig.

Allerdings beleuchtet der Fall auch ein anderes Defizit des Menschenrechtsschutzes in Afrika: Es dauerte sieben Jahre, bis die Afrikanische Menschenrechtskommission eine Entscheidung fällte. Das, obwohl die Regierung des Kongo sich nicht am Verfahren beteiligte und obwohl die Kommission keine mündliche Verhandlung durchführte. Obwohl die Entscheidung der Kommission als Grundsatzentscheidung gilt, ist sie immer noch nicht auf der Webseite der Kommission verfügbar. Ein effektiver Schutz der Menschenrechte erfordert aber auch, dass die Kommission ihr Verfahren effektiv gestaltet und Opfer innerhalb vernünftiger Fristen zu ihrem Recht kommen.

Neue menschenrechtliche Berichtspflichten für Unternehmen

Holger Hembach · 24. April 2017 ·

Am 19. April ist das Gesetz zur Stärkung der nicht finanziellen Berichterstattung der Unternehmen in ihrem Lager-und Konzernlagebericht (CSR-Richtlinie Strich Umsetzungsgesetz) in Kraft getreten. Es begründet eine Pflicht für bestimmte Unternehmen, Angaben über die Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit auf die Menschenrechte, auf die Umwelt, auf Arbeitnehmerrechte  sowie im Bereich Korruption und Bestechung zu machen. Darüber hinaus muss der Bericht Angaben darüber enthalten, wie das Unternehmen Diversität bei der Besetzung der Verwaltungs-, Aufsichts- und Leitorgane gewährleistet.

Das Gesetz setzt eine EU-Richtline um. Die Umsetzung erfolgte verspätet; eigentlich hätte die EU-Richtlinie bis zum 6. Dezember 2016 in deutsches Recht umgesetzt werden müssen.

Die betroffenen Unternehmen müssen eine sogenannte nicht finanzielle Erklärung abgeben. Diese muss Angaben darüber enthalten, welche wesentlichen Risiken mit der Geschäftstätigkeit in den oben genannten Bereichen verbunden sind und was die Unternehmen tun, um diese Risiken zu handhaben. Allerdings müssen Unternehmen diese Angaben nur dann machen, wenn sie für ihre Geschäftstätigkeit von Bedeutung sind. Nachteilige Angaben dürfen dann unterbleiben, wenn sie „nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung“ dazu geeignet sind, „der Kapitalgesellschaft einen erheblichen Schaden zuzufügen“.

Betroffen von der Verpflichtung sind große Kapitalgesellschaften, die kapitalmarktorientiert sind und im Jahresdurchschnitt mehr als 500 Mitarbeiter beschäftigen. Die Definitionen einer großen Kapitalgesellschaft und eines kapitalmarktorientierten Unternehmens ergeben sich dabei aus dem HGB. Es sind im wesentlichen Unternehmen mit einer Bilanzsumme von mehr als 20 Millionen € oder Umsatzerlösen von mehr als 40 Millionen €. Die Pflichten gelten rückwirkend ab 1. Januar 2017

Es gibt verschiedene Regelwerke, die Vorgaben darüber enthalten, wie derartige Berichte aufgebaut werden können und welche Angaben sie enthalten sollten. Beispiele hierfür sind im Bereich Menschenrechte die UN Guiding Principles on Business und Human Rights oder für alle Bereiche, die im Gesetz angesprochen sind, die Standards der Global Reporting Initiative. Unternehmen können auf solche Leitwerke zurückgreifen, sind dazu aber nicht verpflichtet.

Die Grünen hatten im Gesetzgebungsverfahren weitergehende und strengere Berichtspflichten gefordert. Sie kritisierten unter anderem, dass nur solche Angaben gemacht werden müssen, die finanziell relevant sind. Damit liege der Fokus letztlich doch wieder nur auf wirtschaftlichen Belangen und nicht auf der sozialen Verantwortung von Unternehmen. Letztlich hat sich diese Kritik aber nicht durchgesetzt; die Bundesregierung stützte sich auf die Auffassung der Wirtschaft, dass der Lagebericht eines Unternehmens eben im Wesentlichen der Information über die finanzielle Lage des Unternehmens dienen.

Klage gegen Royal Dutch Shell wegen Umweltschäden im Nigerdelta in Großbritannien unzulässig

Holger Hembach · 22. Februar 2017 ·

Die Handlungen von Unternehmen haben soziale Folgen. In letzter Zeit wächst der Druck auf Unternehmen, sich dieser Folgen bewusst zu werden und ihr Verhalten nach ihrer sozialen Verantwortung auszurichten; viel ist von „Corporate Social Responsibility“ die Rede. Es mehren sich aber auch die Versuche, Unternehmen für die Folgen ihres Verhaltens juristisch zur Verantwortung zu ziehen.

Ein Beispiel hierfür ist der Fall gegen Royal Dutch Shell und Shell Petroleum Development Company Ltd.. In Nigeria fördert die Shell Petroleum Development Company Ltd. Öl. Es kommt es häufig vor, dass Anwohner Rohöl aus den Pipelines abzapfen, um es selbst zu raffinieren und zu verkaufen. Da sie nicht über die technischen Voraussetzungen dazu verfügen, führt dies im Niger-Delta zu erheblichen Umweltschäden.

Die Umweltschäden betreffen unter anderem die Angehörige der Ogale, einer ethnischen Gruppe mit rund 40.000 Mitgliedern, die zum Volk der Ogoni gehören und im Niger-Delta leben. Das Oberhaupt der Ogale und andere Repräsentanten der Ogale forderten von Royal Dutch Shell und der Shell Petroleum Development Company Ltd. Schadensersatz für die Umweltschäden. Die Royal Dutch Shell ist eine Holdinggesellschaft für alle Unternehmen der Shell-Gruppe. Die Kläger waren der Auffassung, dass  Royal Dutch Shell verpflichtet gewesen sei, Sicherungsmaßnahmen vorzunehmen, dies aber unterlassen habe. Daher sei das Unternehmen für die Schäden verantwortlich und müsse Schadensersatz zahlen.

Die Kläger wollten Schadensersatz sowohl gegen die Holding als auch gegen das nigerianische Tochterunternehmen vor dem britischen High Court einklagen.

Sie machten geltend, dass sie keine praktisch gangbare Möglichkeit hätten, ihre Ansprüche in Nigeria durchzusetzen. Das nigerianische Justizsystem sei zu uneffektiv und die Durchführung des Klageverfahrens würde zu lange dauern. Die Royal Dutch Shell trage als Muttergesellschaft letztlich die Verantwortung für Unternehmen, die der Shell-Gruppe angehörten.

Royal Dutch Shell hielt dem entgegen, es stehe einem britischen Gericht nicht zu, zu beurteilen, ob die Justiz in einem anderen Land hinreichend effektiv und schnell sei. Sie machte auch geltend, die Geltendmachung in Großbritannien diene wohl weniger dem Interesse der Kläger als dem ihrer Rechtsanwälte. Diese seien nämlich in Großbritannien zugelassen und es gehöre zu ihrem Geschäftsmodell, zu versuchen, die Zuständigkeit britischer Gerichte für Klagen zu begründen, die eigentlich im Ausland geltend gemacht werden müssten (die Kläger wurden von Leigh Day vertreten, einer renommierten britischen Kanzlei für Menschenrechte).

Der High Court musste noch nicht entscheiden, ob die Kläger tatsächlich einen Anspruch auf Schadensersatz hatten. Es ging lediglich um die Frage der Zulässigkeit. Diese hing allerdings davon ab, ob aus Sicht des Gerichts jedenfalls nach dem ersten Augenschein die Möglichkeit bestand, dass die Ansprüche berechtigt waren.

Nach englischem Recht war eine Klage gegen die nigerianische Gesellschaft Shell Petroleum Development Company Ltd. in Großbritannien nur dann möglich, wenn die Kläger möglicherweise eine legitime Forderung gegen die Royal Dutch Shell hatten.

Das Gericht warf in diesem Zusammenhang zunächst die Frage auf, welches Recht auf die geltend gemachte Forderung anzuwenden sei. Nach Artikel 7 Rom-II-Verordnung ist bei Umweltschäden grundsätzlich das Recht des Staates anzuwenden, in dem der Schaden eingetreten ist. Eine Ausnahme gilt allerdings dann, wenn der Geschädigte sich entscheidet, seinen Anspruch auf das Recht des Staates zu stützen, in dem das schadensbegründende Ereignis eingetreten ist. Die Kläger machten geltende, das Ereignis, das den Schaden begründet habe, sein in Großbritannien eingetreten. Denn Royal Dutch Shell habe es unterlassen, irgendetwas zu tun, um den Schaden zu verhindern.  Dies sei am Sitz von Royal Dutch Shell in Großbritannien geschehen. Daher müsse englisches Recht angewandt werden.

Das Gericht ließ die Frage des anwendbaren Rechts letztlich offen.  Das Recht Nigerias und das englische Recht seien sich sehr ähnlich; das nigerianische Recht sei stark von englischen Präzedenzfällen geprägt. Wenn die Kläger daher nach englischem Recht keinen Anspruch auf Schadensersatz hätten, stünde ihnen nach nigerianischem Recht kein solcher Anspruch zu.

Das Gericht prüfte daher die Frage, ob ein Anspruch nach englischem Recht möglich schien. Die Vertreter von Royal Dutch Shell wandten dagegen ein, die Royal Dutch und die nigerianische Shell Petroleum Development Company Ltd.  seien rechtlich selbständige Gesellschaften. Sie müssten daher getrennt betrachtet werden.

Das Gericht verwies auf Präzedenzfälle, nach denen die grundsätzliche Eigenständigkeit juristischer Personen durchbrochen werden und eine Muttergesellschaft für Pflichtverletzungen im Bereich der Tochtergesellschaft verantwortlich gemacht werden könne, wenn

  • Die beiden im Wesentlichen im gleichen Geschäftsbereich tätig seien
  • die Muttergesellschaft überlegenes Wissen in einem Bereich habe und
  • die Tochtergesellschaft sich darauf verlasse, dass die Muttergesellschaft die Pflichten in diesem Bereich übernehme.

Das Gericht ging davon aus, dass diese Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Die Kläger hätten nicht bewiesen, dass die Royal Dutch Shell bestimmenden Einfluss auf die nigerianische Shell Petroleum Development Company Ltd. ausgeübt habe. Royal Dutch Shell habe noch nicht einmal Aktien an dem nigerianischen Unternehmen. Vielmehr halte sie Aktien an einem anderen Unternehmen, dem wiederum die Aktien an der nigerianischen Gesellschaft gehörten.

Auch betreibe die Royal Dutch Shell nicht das gleiche Geschäft wie die nigerianische Gesellschaft. Die Royal Dutch sei eine reine Holdinggesellschaft; die Shell Petroleum Development Company Ltd. dagegen fördere Öl. Auch habe die Royal Dutch kein überlegenes Wissen bezüglich bestimmter Pflichten zur Sicherung und die nigerianische Gesellschaft sei deshalb auch nicht davon ausgegangen, dass die Royal Dutch diese Pflichten erfüllen würde.

Nach alledem fehle es an einer besonderen Nähebeziehung, die es rechtfertigen würde, die Royal Dutch für eventuelle Fehler in der Sphäre der Shell Petroleum Development Company verantwortlich zu machen.

Das Gericht entschied daher mit Urteil vom 26.01.2017 , es bestehe kein möglicher Anspruch gegen die Royal Dutch Shell. Daher könne auch nicht die nigerianische Shell Petroleum Development Company gemeinsam mit ihr in Großbritannien verklagt werden. Der High Court sei nicht zuständig.

 

 

 

Rechtsanwalt Holger Hembach