Richter am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte üben ein einflussreiches Amt aus. Ihre Urteile können nicht nur dafür sorgen, dass Verfahren wieder aufgenommen werden und Beschwerdeführer Entschädigungen erhalten. Sie haben oft auch Auswirkungen auf Gesetze und politische Entscheidungen in den Vertragsstaaten der EMRK.
Dennoch stößt die Wahl von neuen Richtern am EGMR in der Regel nur auf geringe öffentliche Aufmerksamkeit. Bei der Wahl der spanischen Richterin, María Elósegui, die im Januar erfolgte, ist das anders (jeder der 47 Staaten, die die EMRK unterzeichnet haben, entsendet einen Richter an den Gerichtshof). Das liegt nicht in erster Linie daran, dass sie die erste weibliche Richterin ist, die für Spanien an den Gerichtshof gewählt worden ist. Es hat auch nichts damit zu tun, dass der frühere Präsident des spanischen Verfassungsgerichts, der als Favorit gehandelt worden war, scheiterte, weil er im Vorstellungsgespräche nicht in der Lage war, Fragen in einer der Amtssprachen des Gerichtshofs zu beantworten. Für Aufsehen sorgte vielmehr, dass Elósegui durch Äußerungen aufgefallen waren, die nicht zu den Positionen passen, die der Gerichthof vertritt.
So scheint sie in einem Interview Homosexualität mit der Entwicklung von Krankheiten zu verknüpfen, wie die spanische Zeitung El Diario berichtet. Sie zitiert aus einem Interview mit Elósegui, das auf einer Webseite veröffentlicht wurde, die der katholischen Organisation Opus Die zugerechnet wird. Danach habe Elósegui gesagt: „Für viele sind unser biologisches Geschlecht und Gender, also die soziale Rolle, nicht miteinander verknüpft, so dass wir unsere sexuelle Identität mit dem Rücken zu unserem biologischen Geschlecht konstruieren können. In meinem Buch sehen wir, dass diese Konstruktion der Sexualität möglich ist, dank der menschlichen Freiheit und weil Menschen nicht durch die Biologie vorherbestimmt sind. Aber das wir das tun können (….) bedeutet nicht, dass die Balance positiv ist. Es wird Einfluss auf die Konstruktion der Persönlichkeit haben, so dass das Ergebnis nicht unwichtig ist. Diejenigen, die ihr Sexualverhalten entsprechend ihrem biologischen Geschlecht konstruieren und ausüben, werden ein ausgeglichenes und gesundes Verhalten entwickeln. Diejenigen, die darauf bestehen, gegen ihre Biologie anzugehen, werden bestimmte Krankheiten entwickeln. Das ist klar.“
Sie befürwortet offenbar auch die Anwendung „psychologischer und psychiatrischer Therapien“ für Transsexuelle.
Der Richterin wird daneben vorgeworfen, ihre Rolle bei der Erarbeitung des spanischen Anti-Diskriminierungsgesetzes übertrieben zu haben.
Hier geht es zu einem Artikel von Rainer Wandler in der “taz” zu dem Thema.
Hier in ein Beitrag in der “Frankfurter Rundschau”
Hier der Beitrag in El Diario