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Rechtsanwalt Holger Hembach

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mittelbare Diskriminierung

Mittelbare Diskriminierung wegen ethnischer Herkunft – CHEZ Razpredelenie Bulgaria gegen Komisia za zashtita ot diskriminatsia

Holger Hembach · 26. April 2016 ·

Artikel 21 der Europäischen Grundrechtecharta verbietet Diskriminierung aufgrund bestimmter Merkmale, die in der Vorschrift genannt sind.EU-Richtlinie 2000/43 verpflichtet Mitgliedsstaaten der EU, Vorschriften zu erlassen, die verhindern, dass Personen aufgrund ihrer ethnischen Herkunft oder Rasse diskriminiert werden. Im Fall CHEZ Razpredelenie Bulgaria AD gegen Komisia za zashtita ot diskriminatsia hat sich der Europäische Gerichtshof mit einem Fall von Diskriminierung aufgrund ethnischer Herkunft in Hinblick auf diese Vorschriften befasst. Er hat außerdem den Begriff der mittelbaren Diskriminierung näher erläutert.

Der Entscheidung lag ein Verfahren in Bulgarien zugrunde. Eine Bürgerin – Frau Nikolova – hatte sich an die Kommission zum Schutz vor Diskriminierung (Komisia za zashtita ot diskriminatia) gewandt, weil in die Elektrizitätswerke die Stromzähler in ihrem Stadtteil an Betonmasten in sechs bis sieben Metern Höhe anbrachten. Dadurch war es ihr nicht möglich, ihren Stromverbrauch zu kontrollieren und sich gegen ihre Stromrechnungen, die sie als überhöht empfand, vorzugehen.

Frau Nikolova fühlte sich dadurch diskriminiert. Sie machte geltend, das Viertel, in dem sie wohne, werde vorwiegend von Personen mit Roma-Herkunft bewohnt. Stromzähler würden generell nur in denjenigen Vierteln der Stadt in solch einer großen Höhe angebracht, in denen besonders viele Roma wohnten. Frau Nikolova wandte sich an die Kommission zum Schutz vor Diskriminierung.

Die Kommission beanstandete das Anbringen der Stromzähler in großer Höhe bei den Elektrizitätswerken. Diese erhoben gegen die Beanstandung Klage beim Verwaltungsgericht. Das Verwaltungsgericht legte dem Europäischen Gerichtshof verschiedene Fragen zu europarechtlichen Aspekten des Falles vor. Unter anderem fragt es, ob das Anbringen der Stromzähler in großer Höhe eine Diskriminierung im Sinne der EU Richtlinie 2000/43 bzw. im Sinne von Artikel 21 der Europäischen Grundrechtecharta sei.

Der Gerichtshof führte zunächst aus, dass eine Roma-Herkunft ohne Zweifel eine ethnische Herkunft im Sinne des Unionsrechtes sei. Ethnische Herkunft sei durch eine gemeinsame Sprache, Kultur, gemeinsame Traditionen, Religion und ähnliche Lebensumstände gekennzeichnet Dies treffe auf die Gruppe der Roma zu. Der Gerichtshof verwies auch auf Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, in denen Roma als ethnische Gruppe anerkannt worden sind.

Allerdings war Frau Nikolova, die sich bei der Kommission zum Schutz vor Diskriminierung beschwert hatte, selbst keine Roma. Insofern stellte sich die Frage, ob sie von den Vorschriften gegen Diskriminierung geschützt wurde; ob also eine Maßnahme, die möglicherweise Einwohner mir Roma-Herkunft diskriminierte, auch ihr gegenüber diskriminierend war, obwohl sie keine solche Herkunft hatte. Der Gerichtshof wies auf den Unterschied zwischen unmittelbarer und mittelbarer Diskriminierung hin. Unmittelbare Diskriminierung liege vor, wenn sich eine Maßnahme direkt gegen Personen mit einer bestimmten ethnischen Herkunft richte. Mittelbare Diskriminierung sei dagegen gegeben, wenn Vorschriften oder Maßnahmen äußerlich oder anscheinen neutral seien, tatsächlich aber nur oder überwiegend die Angehörigen einer bestimmten Gruppe träfen.

Frau Nikolova sei zwar selbst keine Roma. Sie sei aber mit von Maßnahmen betroffen, die hauptsächlich Personen mit Roma-Herkunft träfen. Der Zweck der Richtlinie 2000/43 sei umfassender Schutz vor Diskriminierung. Die Richtlinie und Art. 21 der EU-Grundrechtecharta müssten daher weit ausgelegt werden. Daher würden auch Personen geschützt, die nicht wegen ihrer eigenen ethnischen Herkunft ungünstiger behandelt würden, sondern mitbetroffen seien. Das Anbringen der Stromzähler in großer Höhe stellte also eine Diskriminierung von Frau Nikolova dar.

Urteil des Gerichtshofs (Große Kammer) vom 16.08.2015, Az.: C-83/14

Rechtsanwalt Holger Hembach