Rechtsanwalt Holger Hembach

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30. November 2015 by Holger Hembach Leave a Comment

Seminar zur EMRK in Mazedonien

Am 26.11. führte Rechtsanwalt Holger Hembach als Experte der "Stiftung für Internationale Rechtliche Zusammenarbeit (IRZ)" ein Seminar zur EMRK für mazedonische Richter durch. Die IRZ ist ein eingetragener Verein, der vor mehr als 20 Jahren auf Initiative des Justizministeriums gegründet wurde. Sie unterstützt Staaten bei der Einführung und Stärkung rechtsstaatlicher Strukturen. Finanziert wird sie aus Mitteln des Justizministeriums; darüber hinaus führt die IRZ Projekte für die EU und deutsche Aussenministerium durch.

Die IRZ hatte das Seminar in Zusammenarbeit mit der Mazedonischen Akademie für Richter und Staatsanwälte durchgeführt, die für die Richteraus- und Fortbildung in Mazedonien verantwortlich ist. Das Thema des Seminars war das Recht auf Eigentum nach Artikel 1 des 1. Zusatzprotokolls zur EMRK.

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4. November 2015 by Holger Hembach 1 Comment

Die EMRK und das Recht auf Sterbehilfe

In demokratischen Gesellschaften ist es eine Selbstverständlichkeit, dass das Recht auf Leben Schutz geniesst. Dagegen herrscht keine Einigkeit darüber, ob und unter welchen Umständen es ein Recht darauf gibt, das eigene Leben unter menschenwürdigen Umständen zu beenden – oder durch anderen beenden zu lassen. Diese Frage wird in Deutschland im Rahmen der Diskussion über ein Gesetz zur Sterbehilfe wieder lebhaft diskutiert.  Es ist keine Überraschung, dass sie auch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bereits mehrfach beschäftigt hat.

Die Europäische Menschenrechtskonvention, deren Einhaltung der Europäische Gerichtshof für Menschenrecht überwacht, enthält keine Vorschrift über ein Recht auf Hilfe bei der Selbsttötung. Allerdings haben Antragsteller in einigen Fällen versucht, ein derartiges Recht aus anderen Bestimmungen der Konvention herzuleiten.

Einer der bekanntesten Fälle ist dabei der Fall Pretty gegen Grossbritannien. Er betraf eine Frau, die unter einer unheilbaren, fortschreitenden Lähmung litt. Sie aufgrund der Krankheit bereits seit längerer Zeit vom Hals abwärts ab gelähmt und es war bekannt, dass die Lähmung in absehbarer Zeit auch ihre Atemwege ergreifen und schliesslich zum Erstickungstod führen würde. Um diese Qualen zu vermeiden, wollte sie ein Mittel zur schmerzlosen Selbsttötung nehmen. Da sie jedoch körperlich nicht mehr zur Einnahme in der Lage war, bat sie ihren Mann um Hilfe. Allerdings ist die Hilfe zur Selbsttötung in Grossbritannien eine Straftat. Der Ehemann der Beschwerdeführerin fürchtete deshalb strafrechtliche Konsequenzen. Er bat die Staatsanwaltschaft um eine Bestätigung, dass sie ihn nicht anklagen würde. Die Staatsanwaltschaft weigerte sich und die Beschwerdeführerin brachte den Fall vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Sie argumentierte, der britische Staat sei verpflichtet, ihrem Mann Straffreiheit zuzusichern und so ihren schmerzlosen Tod zu ermöglichen.

Sie berief sich dabei zunächst auf Artikel 2 der EMRK, der das Recht auf Leben garantiert. Dies mag auf den ersten Blick seltsam anmuten. Aber die Beschwerdeführerin argumentierte wie folgt: Jedes Recht hat auch eine negative Seite. Das heisst, es gibt einem auch die Freiheit, das Recht nicht auszuüben. Beispielsweise bedeutet Versammlungsfreiheit, dass man an Demonstrationen teilnehmen kann – man muss es aber nicht. Man hat also die Freiheit, das Recht nicht auszuüben.  Konsequenterweise, so das Argument der Beschwerdeführerin, muss auch das Recht auf Leben ebenfalls das Recht beinhalten, nicht mehr leben zu müssen, wenn man das Leben als Qual empfindet.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte liess sich davon nicht überzeugen. Aus dem Recht auf Leben lässt sich nach seiner Auffassung seiner Meinung kein Recht herleiten, bei der Selbsttötung unterstützt zu werden.

Darüber hinaus berief sich die Beschwerdeführerin auf Artikel 3 der EMRK, der Folter verbietet. Es ist anerkannt, dass dieser Artikel es nicht nur Staaten untersagt, Bürger zu foltern oder unmenschlich zu behandeln, sondern sie auch verpflichtet, Massnahmen zu treffen, um Folter zu verhindern. Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass der qualvolle Tod, der ihr durch die Lähmung ihrer Atemwege bevorstehe, Folter gleichkomme. Der Staat habe es in der Hand, ihr diese Qualen zu ersparen, indem er ihrem Mann Straffreiheit für die Hilfe zur Selbsttötung zusichere. Hierzu sei der Staat verpflichtet, weil er nach Artikel 3 EMRK Folter verhindern müsse.

Der EGMR wies dieses Argument zurück. Er führte aus, es bestehe zwar eine Verpflichtung, Folter zu verhindern. Die Konvention müsse jedoch in ihrer Gesamtheit interpretiert werden. Sie sei darauf angelegt, Leben zu schützen und könne deshalb nicht so verstanden werde, dass sie Staaten verpflichte, eine Tötung zu ermöglichen.

Ein weiteres Argument, dass die Antragstellerin geltend machte, betraf Artikel 8 der EMRK, der das Recht auf Privatleben regelt. Der EGMR interpretiert den Begriff „Privatleben“ sehr weit. Er umfasst nicht nur einen geschützten Bereich, sondern schützt die persönliche Autonomie. Die Beschwerdeführerin argumentierte, wenn sie nach Artikel 8 EMRK ein Recht habe, autonom zu leben, so müsse sie auch das Recht haben, autonom zu sterben.

Auch diesem Argument folgte der Gerichtshof nicht. In Grossbritannien gebe es ein Gesetz, das die Beihilfe zur Selbsttötung unter Strafe stelle. Derartige Gesetze seien in Europa nicht unüblich; Staaten hätten ein Ermessen, ob sie derartige Gesetze erlassen wollten. Sie verstiessen damit nicht gegen die EMRK.

Im Ergebnis hat der EGMR also entschieden, dass sich aus der Europäischen Menschenrechtskonvention kein Recht ergibt, Hilfe zur Selbsttötung zu bekommen. Daran hat der Gerichtshof auch in anderen Entscheidungen festgehalten, die sich mit dem Recht auf Sterbehilfe auseinandersetzen. Allerdings gibt es Urteile, die das Recht auf Sterbehilfe betreffen und in denen der EGMR eine Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention festgestellt hat. Allerdings betrafen diese Urteile nicht das eigentliche Recht auf Hilfe bei der Selbsttötung, sondern andere Aspekte, die damit im Zusammenhang stehen: Im Fall Gross gegen Schweiz wollte eine Frau, die sich alt und gebrechlich fühlte, ihrem Leben ein Ende machen. Sie versuchte deshalb, sich ein Mittel zu beschaffen, das ihr ein Sterben ohne Schmerzen ermöglichen würde. Um dieses Mittel zu erhalten, bedurfte es in der Schweiz einer Genehmigung. Die zuständigen Behörden verweigerten diese Genehmigung; die Beschwerdeführerin zog vor Gericht, aber das Schweizer Bundesgericht bestätigte die Entscheidung der Behörden, das Mittel nicht auszugeben.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte befand, dass die Regelungen über die Abgabe tödlicher Mittel in der Schweiz nicht hinreichend klar waren. Dieser Mangel an Klarheit verletzte nach Auffassung des Gerichtshofes die Rechte der Bürger. Damit stellt der Gerichtshof zwar eine Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention fest, umging aber gleichzeitig eine Entscheidung der eigentlichen Frage, ob die Schweiz nach der EMRK zur Abgabe des Mittels verpflichtet war.

Auch im Fall Koch gegen Deutschland liess der Gerichtshof die Frage nach dem Recht auf Sterbehilfe unbeantwortet: Die Frau des Beschwerdeführers litt unter einer kompletten Lähmung und wollte ihrem Leben ein Ende bereiten. Sie stellte einen Antrag, eine ausreichende Dosis eines bestimmten Mittels zu erhalten, mit dem sie sich schmerzfrei umbringen könnte. Dieser Antrag wurde abgelehnt. Die Frau des Beschwerdeführers reiste daraufhin in die Schweiz und beging dort Suizid. Ihr Mann verfolgte dennoch eine Klage weiter, die die Eheleute gegen die Weigerung der Behörden eingeleitet hatten, ihr das Mittel zu geben. Diese Klage wurde mit der Begründung abgelehnt, dass der Ehemann nicht befugt sei, die Klage zu verfolgen, weil es nicht um seine eigenen Rechte gehe.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschied nicht über die Frage, ob die Ehefrau ein Recht auf das Mittel gehabt hatte. Er sah allerdings eine Verletzung der Rechte des Beschwerdeführers darin, dass die deutschen Gerichte sich in der Sache nicht mit der Klage des Mannes auseinandergesetzt hatten, sondern sie als unzulässig abgewiesen hatten.

Fazit: Der EGMR hat sich bereits in mehreren Urteilen mit Fällen auseinandergesetzt, die das Recht auf Sterbehilfe enthalten. Der Gerichtshof ist der Auffassung, dass sich dieses Recht nicht aus der EMRK herleiten lässt.

 

Pretty gegen Vereinigtes Königreich, Urteil vom 29.04.2002, Beschwerde Nr. 2346/02

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