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Rechtsanwalt Holger Hembach

Beschwerde beim EGMR - Individualbeschwerden

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Schutz der Korrespondenz zwischen Anwalt und Mandant nach Art. 8 EMRK – Laurent gegen Frankreich

Holger Hembach · 26. Mai 2018 ·

Die Korrespondenz zwischen einem Anwalt und seinem Mandanten wird durch Art. 8 EMRK geschützt. Das hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bereits mehrfach entschieden.  Im Fall Laurent gegen Frankreich hat der Gerichtshof dies für eine Sonderkonstellation erneut betont.

Der Beschwerdeführer vertrat als Rechtsanwalt zwei Beschuldigte in einem Verfahren, das vor dem Tribunal de Grande Instance in Brest stattfand. Es fand ein Termin vor dem Haftrichter statt, zu dem die Beschuldigten von Polizeibeamten eskortiert wurden. Vor dem Termin bekam der Rechtsanwalt die Gelegenheit, mit seinen Mandanten zu sprechen. Dabei waren in dem Raum auch die Polizeibeamten anwesend. Die Mandanten baten den Beschwerdeführer um eine Visitenkarte. Da er keine Visitenkarte dabei hatte, schrieb er seine Kontaktdaten auf einen Zettel, faltete ihn zusammen und gab ihn dem ersten Mandanten.

Ein Polizeibeamter forderte den Beschwerdeführer auf, ihm den Zettel zu geben. Er faltete ihn auseinander, las ihn und gab ihn zurück. Der Rechtsanwalt wies den Polizisten darauf hin, dass sein Verhalten den Grundsatz der Vertraulichkeit seiner Kommunikation mit seinem Mandanten verletze.

Der Vorgang wiederholte sich bei dem zweiten Mandanten.

Der Beschwerdeführer erstattete Strafanzeige gestützt auf Artikel 432 – 9 des französischen Strafgesetzbuches, der unter anderem das Öffnen von Korrespondenz zwischen einem Anwalt und seinem Mandanten unter Strafe stellt.  Das Verfahren wurde eingestellt.

Der Beschwerdeführer legte eine Beschwerde beim EGMR ein.

Die französische Regierung beantragte, die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen, weil kein schwerer Schaden eingetreten sei. Der Gerichtshof wies dieses Argument zurück, weil der Schutz der Kommunikation zwischen einem Mandanten und seinem Anwalt ein wichtiges Thema sei.  Er erklärte die Beschwerde daher für zulässig.

Der Gerichtshof stellte fest, dass der Zettel bzw. sein Inhalt vom Schutz der Kommunikation zwischen einem Anwalt und seinem Mandanten erfasst sei. Das Entfalten des Zettels und Lesen seines Inhalts sei ein Eingriff in das Recht auf Respekt vor der Korrespondenz.

Ein solcher Eingriff ist nur gerechtfertigt, wenn er auf einer gesetzlichen Grundlage beruht, einem legitimen Ziel dient und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist. Der EGMR ließ es offen, ob es eine gesetzliche Grundlage für den Eingriff in das Recht auf Respekt vor der Korrespondenz gab. Er gestand zu, dass der Eingriff einem legitimen Ziel, nämlich dem Schutz der strafrechtlichen Ordnung diente.

Der EGMR war aber der Auffassung, dass der Eingriff nicht in einer demokratischen Gesellschaft notwendig gewesen sei. Eine gewisse Kontrolle der Korrespondenz von inhaftierten Personen stehe im Einklang mit der Konvention. Der Schriftverkehr zwischen einem Rechtsanwalt und seinem Mandanten sei aber privilegiert. Daher dürften die Behörden den Brief eines Anwalts nicht öffnen, solange sie nicht einen plausiblen Grund hätten, zu glauben, dass der Inhalt rechtswidrig sei.  Ein Brief von einem Inhaftierten an seinen Anwalt oder von dem Anwalt an den Inhaftierten dürfe nur in Ausnahmefällen geöffnet werden, wenn die Behörden Grund zu der Annahme hätten, dass die Privilegierung missbraucht werde, wenn der Inhalt die Sicherheit der Anstalt gefährde oder einen strafbaren Inhalt habe. Die Plausibilität der Gründe hänge von allen Umständen des Einzelfalles ab.

Im konkreten Fall habe es keine plausiblen Gründe gegeben, anzunehmen, dass der Zettel einen illegalen Inhalt habe oder ein Sicherheitsrisiko berge. Der Beschwerdeführer habe ihn offen vor den Augen der Polizeibeamten überreicht, ohne sich zu bemühen, seinen Inhalt zu verbergen. Da es keinen Verdacht auf illegales Verhalten gegeben habe, sei das Entfalten und Lesen des Zettels nicht in einer demokratischen Gesellschaft notwendig gewesen.

Der EGMR stellte eine Verletzung von Art. 8 EMRK fest.

Laurent g. Frankreich, Beschwerde Nr. 28798/13, Urteil vom 24.05.2018

Allgemein Art. 8 EMRK, Datenschutz, Frankreich, Laurent, Schutz der Korrespondenz

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