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Rechtsanwalt Holger Hembach

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Einfrieren des Vermögens des früheren Präsidenten der Ukraine teilweise rechtmäßig

Holger Hembach · 26. September 2016 ·

Nach der Gewalt gegen Demonstranten in Kiew im Februar 2014 beschloss der Rat der Euopäischen Union, das Vermögen des ehemaligen Präsidenten der Ukraine, Wiktor Janukowytsch, einzufrieren.

Im Januar 2015 wurden die Akte, die die Grundlage dieser Maßnahme gebildet hatten, modifiziert. Das Einfrieren des Vermögens wurde im März verlängert.

Das Gericht der Europäischen Union hat mit Urteil vom 15.09.2016 entschieden, dass das Einfrieren während der ersten Periode rechtswidrig war. Dagegen war das Gericht der Auffassung, das Einfrieren des Vermögens nach der Änderung der Akte, die der Maßnahme zugrunde lagen, rechtmäßig war.

Sachverhalt:

Im Februar 2014 eskalierte die Gewalt auf dem Platz der Unabhängigkeit in Kiew. Präsident Viktor Janukowytsch verließ das Land und wurde kurze Zeit später für abgesetzt erklärt.

Im März 2014 erließ der Rat der Europäischen Union einen Beschluss (Beschluss 2014/119). Dieser Beschluss hatte „restriktive Maßnahmen gegen bestimmte Personen, Organisationen und Einrichtungen angesichts der Lage in der Ukraine zum Gegenstand.  Er sah vor allem vor, dass sämtliche Vermögensgegenstände von Personen eingefroren werden sollten, die als „verantwortlich für die Veruntreuung von Staatseigentum identifiziert worden waren“.

Die Entscheidung erging im Rahmen der Gemeinsamen Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Diese verpflichtet die EU unter anderem auf die Förderung der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte. Der Rat der EU ist unter bestimmten Voraussetzungen ermächtigt, sogenannte restriktive Maßnahmen gegen Personen oder Länder zu erlassen, um die Ziele der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu fördern.

Der Entscheidung war ein Annex angefügt, in dem Personen aufgeführt waren, deren Vermögen eingefroren werden sollte.  Janukowytsch war in der Liste genannt, mit der Begründung, er werde in der Ukraine strafrechtlich wegen der Veruntreuung staatlichen Vermögens verfolgt.

Im März 2014 veröffentlichte der Rat im Mitteilungsblatt der Europäischen Union eine Mitteilung. In dieser wurden Personen, die vom Einfrieren von Vermögenswerten betroffen waren, darüber informiert, dass sie beantragen könnten, von der Liste der Personen entfernt zu werden, deren Vermögen eingefroren werden solle.

Wiktor Janukowytsch stellte einen entsprechenden Antrag.

Im Januar 2015 erließ der Rat einen erneuten Beschluss betreffend das Einfrieren von Vermögenswerten. In diesem stellt er unter anderem klar, was darunter zu verstehen sei, wenn eine Person als „verantwortlich für die Veruntreuung von Staatsvermögen identifiziert“ sei.  Danach war eine Person als verantwortlich identifiziert, wenn von den ukrainischen Behörden ein Ermittlungsverfahren wegen der Veruntreuung öffentlicher Gelder oder öffentlicher Vermögenswerte oder wegen Missbrauchs der Amtsstellung geführt werde.

Im Februar informiert der Rat Wiktor Janukowytsch, dass er beabsichtige, das Einfrieren der Vermögenswert aufrecht zu erhalten. Er gab Janukowytsch Gelegenheit zur Stellungnahme.

Der Rat beschloss im März 2015, die Maßnahme aufrecht zu erhalten. Als Begründung für die Maßnahme gegen Wiktor Janukowytsch wurde nun angegeben „Gegen die Person wird von den ukrainischen Behörden ein Strafverfahren wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder oder Eigentums geführt“.

Janukowytsch griff – vertreten von sieben Anwälten – das Einfrieren seines Vermögens beim Gericht der Europäischen Union an. Dabei unterschied er zwischen der ursprünglichen Maßnahme und dem weiteren Einfrieren seines Vermögens nach der Abänderung der Beschlüsse im Januar 2015.

Rechtliche Beurteilung

Ursprüngliche Maßnahme

Das Gericht prüfte zunächst das Einfrieren des Vermögens auf Grundlage des Beschlusses aus dem März 2014.  Eines der Argumente, die Janukowytsch dagegen vorbrachte, war die unzureichende Begründung.

Das Gericht führte aus, dass der Rat der Europäischen Union einen weiten Ermessensspielraum habe, wenn er beurteile, welche Gründe eine restriktive Maßnahme wie das Einfrieren von Vermögen rechtfertigen könnten.  Es wies jedoch darauf hin, dass Artikel 47 der EU-Grundrechtecharta das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf garantiere. Zu der effektiven Überprüfung durch ein Gericht, die damit gefordert werde, gehöre es auch, dass geprüft werde, ob die Entscheidung eine hinreichende tatsächliche Basis gehabt habe.

Die einzige Tatsachengrundlage, auf der der Beschluss des Rates beruht habe, sei ein Brief der ukrainischen Generalstaatsanwaltschaft gewesen. In diesem habe es lediglich geheißen, dass die Strafverfolgungsbehörden der Ukraine eine Reihe von Ermittlungsverfahren in Gang gesetzt hätten, um Straftaten durch frühere ranghohe Funktionäre zu ermitteln und dass Veruntreuungen in erheblichem Ausmaß und der Transfer von Vermögenswerten aus der Ukraine festgestellt worden seien.  Dieser Brief habe keinerlei Einzelheiten über die Ermittlungen und ihre Ergebnisse enthalten und sogar noch weniger Informationen über die Rolle, die Janukowytsch angeblich bei der Veruntreuung gespielt habe. 

Damit könne aufgrund des Briefes nicht davon ausgegangen werden, dass Wiktor Janukowytsch als Person identifiziert sei, die für die Veruntreuung von öffentlichem Vermögen verantwortlich sei. Damit sei der Brief keine hinreichende sachliche Grundlage für das Einfrieren seines Vermögens gewesen sei.

Verlängerung des Einfrierens auf geänderter Grundlage

Das Gericht prüfte dann die Aufrechterhaltung des Einfrierens nach der Änderung des Beschlusses des Rats vom März 2015.

Hierzu machte Janukowytsch geltend, seine Verteidigungsrechte und sein Recht auf einen effektiven Rechtsbehelf seien verletzt worden.

Das Gericht führte aus, dass eine Person, gegen die restriktive Maßnahmen verhängt würden, ein Recht auf rechtliches Gehör habe. Wenn solche Maßnahmen erneuert würden und dabei neue Beweise oder Argumente berücksichtigt würden, müsse die betroffene Person hierzu gehört werden.

Die Verlängerung des Einfrierens sei auf einen Brief der ukrainischen Generalstaatsanwaltschaft gestützt gewesen. Dieser sei im Oktober 2014 geschrieben worden, und Janukowytsch habe die Gelegenheit gehabt, dazu Stellung zu nehmen. Einer weiteren Möglichkeit zur Stellungnahme habe es daher nicht bedurft.

Darüber hinaus machte Janukowytsch geltend, der Rat habe seine Pflicht verletzt, die Entscheidung hinreichend zu begründen.

Das Gericht betonte, dass Artikel 41 Abs. 2 (c)  der Europäischen Grundrechtecharta eine Pflicht nach sich ziehe, Entscheidungen hinreichend zu begründen. Es reiche aber aus, wenn die betroffene Person anhand des Kontextes erkennen könne, warum die Maßnahme erlassen worden sei und welchen Umfang sie habe. Der modifizierte Beschluss vom März 2015 habe klargestellt, dass Maßnahmen gegen Personen gerichtet werden könnten, gegen die ein Ermittlungsverfahren geführt werde. Dies sei hinreichend bestimmt und klar. Das Gericht wies daher das Argument zurück.

Schließlich bestätigte das Gericht, dass es eine hinreichende rechtliche Basis für die Maßnahme gegeben habe. Das Einfrieren der Vermögenswerte sei auch proportional zu dem erstrebten Ziel, zumal es lediglich eine vorläufige Maßnahme sei und es Regelungen gebe, um dafür Sorge zu tragen, dass Janukowytsch notwendige Auslagen noch bestreiten könne.

Vor diesem Hintergrund wies das Gericht den Antrag zurück, den Beschluss des Rates für nichtig zu erklären.

 

Allgemein Artikel 41 EU-Grundrechtecharta, Einfrieren von Vermögen, Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik, Restriktive Maßnahmen

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