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Rechtsanwalt Holger Hembach

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Entwurf zur Protokoll 15 zur EMRK

Holger Hembach · 27. Mai 2013 ·

Am 16.Mai 2013 hat das Ministerkommittee des Europarates das Protokoll 15 zur Europäischen Menschenrechtskonvention verabschiedet. Das Protokoll liegt nun zur Unterschrift durch die Vertragsstaaten der Europäischen Menschenrechtskonvention bereit. Es wird in Kraft treten, sobald alle Vertragsstaaten es unterschrieben haben.
Das Protokoll beinhaltet Änderungen des Verfahrens vor dem Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und beim Rentenalter für Richter und sieht die Verankerung des Prinzips der Subsidiarität und des Beurteilungsspielraum im Text der EGMR vor.
 
Hintergrund:
Das Protokoll 15 wurde in der Folge von Konferenzen in Interlaken, Izmir und Brighton verfasst, bei denen die derzeitigen Probleme des EGMR diskutiert wurden. Den Abschluss dieser Veranstaltungen bildete die „Brighton Erklärung“, die ein Programm zur Reform des Gerichtshofs enthält. Wichtige Punkte, die in dieser Erklärung angesprochen werden sind
Die Zögerlichkeit vieler Mitgliedsstaaten bei der Umsetzung von Vorgaben, die sich aus der EMRK und der Rechtsprechung des EGMR ergeben
Damit zusammenhängend die Überflutung des Gerichtshofs mit Beschwerden, die gleichgelagerte Fälle betreffen
Die Qualität der Richter, die beim EGMR tätig sind
Der Entwurf zu Protokoll 15 setzt einige der Forderungen um, die in der Brighton Erklärung erhoben worden sind. Die Brighton Erklärung hat von verschiedenen Seiten Kritik geerntet. Unter anderem wurde beanstandet, dass sie die wirklichen Probleme des EGMR nicht anspricht. Die nunmehr im Protokoll 15 vorgesehenen Änderungen gelten aber weithin als eher technisch und unumstritten.
 
Änderungen
– Prozessuale Änderungen
 
Verkürzung der Frist zur Einlegung einer Beschwerde beim EGMR
Die Frist zur Einlegung einer Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wird verkürzt. Derzeit beträgt sie sechs Monate, beginnend mit der Entscheidung über das letzte effektive Rechtsmittel, das dem Antragsteller zur Verfügung steht. Protokoll 15 verkürzt diese Frist auf 4 Monate. Dies soll offenbar der Verkürzung der Verfahren dienen und zu schnellerer Rechtssicherheit führen.
 
Beseitigung der Widerspruchsmöglichkeit bei Verweisung an die Grosse Kammer
Artikel 30 der Europäischen Menschenrechtskonvention sieht vor, dass ein Fall an die Grosse Kammer des EGMR verwiesen werden kann, wenn die Entscheidung möglicherweise von der bisherigen Rechtsprechung des Gerichtshofes abweicht. Allerdings räumt die Konvention bislang den Parteien die Möglichkeit ein, der Verweisung zu widersprechen. Diese Möglichkeit wird durch Protokoll 15 abgeschafft werden. Dies dient der Verfahrensbeschleunigung durch den Wegfall eines prozessualen Schrittes und trägt zur Vereinheitlichung der Rechtsprechung des EGMR bei.
 
Abweisung einer Beschwerde auch ohne pflichtgemässe Prüfung durch nationale Gerichtsbarkeit
Artikel 35 EMRK sieht vor, dass eine Beschwerde als unzulässig abgewiesen werden kann, wenn der Beschwerdeführer keinen erheblichen Nachteil erlitten hat und der Schutz der Menschenrechte die Entscheidung über die Beschwerde nicht erforderlich macht. Allerdings gilt bislang eine Ausnahme von dieser Regel: Die Abweisung darf nicht erfolgen, wenn die nationalen Gerichte den Fall nicht pflichtgemäss geprüft haben. Diese Ausnahme wird durch Protokoll 15 abgeschafft, was zu einer Entlastung des Gerichtshofes führen soll.
 
– Aufnahme des Beurteilungsspielraums und des Prinzips der Subsidiarität in Artikel 1 EMRK
Protokoll 15 sieht vor, dass der Grundsatz des Beurteilungsspielraums und das Prinzip der Subsidiarität in Artikel 1 EMRK verankert werden sollen. Das Prinzip des Beurteilungsspielraums ist bereits lange gefestigte Rechtsprechung des EGMR. Es besagt, kurz gesagt, dass die EMRK den Staaten zwar die Einhaltung bestimmter Standards vorschreibt, es aber zu einem gewissen Umfang ihnen überlassen bleibt, wie sie dies tun oder wie sie die Abwägung verschiedener Rechte gegeneinander vornehmen. Der EGMR überprüft nur, ob sie die Grenzen des Beurteilungsspielraumes überschritten haben. Wie weit der Beurteilungsspielraum im Einzelfalle geht, hängt von verschiedenen Faktoren ab (beispielsweise haben Staaten nur einen geringfügigen Beurteilungsspielraum, wenn es um die Intimsphäre von Bürgern geht; dagegen ist der Beurteilungsspielraum bei Fragen der Besteuerung und des Rechtes auf Eigentum gross). Das Bestehen eines Beurteilungsspielraums soll nun ausdrücklich in die EMRK aufgenommen werden.
 
Als der ausdrückliche Verweis auf den Beurteilungsspielraum im Zuge der Debatte über die Brighton Erklärung diskutiert worden, war diese Idee teilweise auf deutliche Ablehnung gestossen. Kritiker befürchteten, dass die Autorität des Gerichtshofes ausgehöhlt und der Umfang der Kontrolle staatlicher Massnahmen durch den Gerichtshof eingeschränkt werden könnte. Der EGMR selbst hat in einer Stellungnahme zum Entwurf von Protokoll 15 ausgeführt, dass die gewählte Formulierung keine sachliche Änderung bringen wird.
 
Gleiches gilt für die vorgesehene Aufnahme des Prinzips der Subsidiarität in den Text der Konvention
 
Änderung des Rentenalters für Richter

 

Die derzeitige Altersgrenze für Richter von 70 Jahren wird aufgehoben. Als neues Kriterium wird eingeführt, dass Kandidaten, die als Richter vorgeschlagen werden, zum Zeitpunkt der Abstimmung weniger als 65 Jahre als sein müssen. Da die Amtsdauer der Richter neun Jahre beträgt, bedeutet dies, dass die effektive Altersgrenze 74 Jahre betragen wird.

Allgemein Beschwerdefrist, Brighton Erklaerung, Protokoll 15 zur EMRK

Rechtsanwalt Holger Hembach